Neulich in Feuerbach. Jeden Donnerstag warte ich an der selben Stelle auf meine Mitfahrgelegenheit nach Ulm. An jenem winterlich kalten Abend hatte die Dame etwa zehn Minuten Verspätung – nicht ungewöhnlich angesichts der geradezu lächerlich überlasteten Stuttgarter Strassen. Während der unangenehme Wind erfolgreich Wege suchte, meine wärmende Jacke zu durchdringen, studierte ich die an jedem Strassenlaternenpfahl auffindbaren Aufkleber und das darauf enthaltene Angebot an systemkritischen Botschaften. Auch einer kleinen Plakatwand mit großformatigen Ankündigungen diverser türkischer Kulturveranstaltungen widmete ich ein wenig Aufmerksamkeit, ohne jedoch viel mehr als „biletler“ oder „euro“ zu verstehen.
Eine knappe Viertelstunde verbrachte ich auf diese umspektakuläre Weise. Völlig unerwartet stand plötzlich ein älterer Herr vor mir. In der Hand hielt er türkischen Cay im typischen Glas. „Komme rein, viel zu kalt zum draussen Stehen.“, erläuterte er, während er mir das heisse Getränk in die Hand drückte. Offenbar war der Mann Inhaber oder Geschäftsführer des türkischen Imbisses, vor dem ich jede Woche einige Minuten rumlungere. Ich folgte ihm und nahm Platz. Als ich bezahlen wollte, antwortete er nur mit einem entschlossenen „Bezahlen nicht nötig“.
Diese Art von Empathie vermisse ich bei den besorgten Bürgern, die so gerne Stolz auf Deutschland sein wollen.